Im einleitenden Gespräch mit Moderator Matthias Degen ging es Professor Wassilios Fthenakis, Präsident des Didacta Verbandes, besonders um die Herausforderungen und Chancen, die mit der wachsenden kulturellen und sozialen Vielfalt verbunden sind. Für ein gelingendes Miteinander sei gesellschaftliches Engagement unabdingbar und so sei er froh, dass sich viele Prominente dafür einsetzten. Bildungsbotschafter jedoch, träten nicht nur öffentlichkeitswirksam in Erscheinung, sondern sie seien auch im Kleinen für Toleranz und Verständigung aktiv seien, hob Fthenakis hervor.
Wenn der Hintergrund in den Vordergrund gerückt wird
Dunja Hayali, die aus Datteln stammende Fernsehjournalistin, ist seit Jahren im Rahmen von „Gesicht Zeigen! Für ein weltoffenes Deutschland“ mit der Initiative „Störungsmelder“ unterwegs. Sie besucht Schulen, nimmt an Projektunterricht teil, spricht mit Jugendlichen über Vorurteile und Ausgrenzung, Bildungskarrieren und Lebensperspektiven, über Journalismus und soziale Netzwerke. Der Kontakt zur Basis der nachwachsenden Mediennutzer mache ihr großen Spaß, sagte sie im Gespräch mit Moderator Dr. Matthias Degen. Zudem schätzt sie den unverstellten Blick der Schüler und Schülerinnen auf die journalistische Praxis.
Dass ihr Elternhaus sich aufgrund der irakischen Familienherkunft in Einrichtung und Essenszubereitung ein wenig von dem Zuhause anderer Dattelner Familien unterschied, sei für sie nie ein Thema gewesen. Die Bedeutung des Migrationshintergrunds werde viel zu oft überbewertet, sagt nicht nur Dunja Hayali, sondern auch viele ihrer jugendlichen Gesprächspartner. So spricht die Journalistin vom „Migrationsvordergrund“, um das Bewusstsein dafür zu schärfen, dass die Betonung der Zuwanderungsgeschichte mitunter den Blick auf Wesentlicheres verstellt. Zwar tragen die familiären Wurzeln wesentlich zur Persönlichkeitsentwicklung bei, machen aber den Menschen keineswegs vollständig aus.
Würde, Stabilität und Mut
Als die Jury die „AG Arsch huh“ vorgeschlagen hatte, habe ihn der Name zunächst befremdet, gestand Verbandschef Fthenakis lachend. Die Initiative kannte er nicht. Doch die nähere Beschäftigung mit den Aktionen der Künstler vor allem mit ihrer Arbeit mit Schülern habe ihn überzeugt.
Welche Aktionen über große Kundgebungen wie das Initial 1992 auf dem Chlodwigplatz, 2012 auf der Deutzer Werft und 2014 mit Birlikte in Mülheim unter dem Dach der AG Arsch huh stattfinden, darüber gaben Bömmel Lückerath und Stephan Brings Aufschluss.
Mit den Bläck Fööss ist Lückerath seit Jahrzehnten in Kölner KiTas und Grundschulen unterwegs. „Was sollen wir schon machen, wir sind ja nur Musiker – also machen wir Musik“ sagt er und schildert, wie die kölschen Lieder und das gemeinsame Singen bei Kindern gleich welcher Herkunft, gemeinschaftsbildend wirken. Damit lässt sich etwas vermitteln, was durch wachsende Anforderungen und straffe Lehrpläne im Unterricht vielleicht nicht immer im notwendigen Maße Raum findet. Lückerath nannte es Ermutigung, Stabilität und Würde.
Stephan Brings, der sich mit seiner Band eher Hauptschülern widmet – „Mein Sohn war auch auf der Hauptschule, ich kenne also die Front.“ – beleuchtete die Schwierigkeiten Heranwachsender, die nicht selten eher am Rand der Gesellschaft stehen. Ähnlich wie Dunja Hayali machte er deutlich, dass schon allein die Hinwendung und Aufmerksamkeit für benachteiligte Gruppen sowie ehrliches Interesse an deren Lebenswirklichkeit mit den spezifischen Problemen, ein wichtiger Schritt sei, denn er setze das Signal: „Du bist mir nicht egal“.
Die Didacta singt
Am Schluss traten Shary Reeves, Jürgen Zeltinger, Dennis Kleimann, Arno Steffen und Hermann Rheindorf mit auf die Bühne, um erst den Stammbaum und schließlich den Song Arsch huh zu singen. Es funktionierte wie bei den Grundschulkindern: Rasch verbreitete sich eine gelöste Stimmung unter den Messebesuchern, dann sangen sie mit. Wassilios Fthenakis verabschiedete die Musiker strahlend mit: „Sie haben einen neuen Fan.“ Und Mancher pfiff oder summte leise beim weiteren Gang durch die Messehallen „Su simmer all hehin jekumme…“
Petra Metzger
Wunderbar. Herzlichen Glückwunsch an alle.